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Rezensionen für das Theaterstück
"Queen Lear"

Abhandlung zu Demenz, Pflege und das Frausein.

Früher war alles besser? Das sagt zu mindest Oma (Roswitha Soukup). Denn heute hat sie es nicht leicht. Ihre Demenz bricht durch die Schutzbarrieren, die sie seit ihrer Kindheit gepflegt hat. Vergesslichkeit und Verwirrung vermischen Kriegstraumata mit aktuellen Sorgen. Die Familie um sie herum ist überfordert. Den Söhnen ist die Pflege der Mutter dann doch zu unangenehm - das soll die Schwiegertochter machen. Denn Frauen können das ohnehin besser.

Christine Teichmann gelingt es mit ihrem Stück "Queen Lear", auf oft verschwiegene Sorgen unserer Gesellschaft zu deuten. Unter der Regie von Alexander Mitterer weckt ein beherztes Ensemble Kritik an Frauenrollen zum Leben. Dabei kehrt das Stück veraltete Rollenbilder auch um - sind es doch die Frauen, die stark und unzerbrechlich scheinen, während die Männer sich hinter Floskeln und Ausreden verstecken. Ein Abend, der einen auf dem Nachhauseweg die Dynamiken in der eigenen Familie überdenken lässt.

Teresa Guggenberger / Kleine Zeitung

Atemberaubende Familienaufstellung im Boxring

Das Theater Kaendace bringt mit Christine Teichmanns "Queen Lear" derzeit eine Uraufführung auf die Bühne des Grazer ARTist's, die von den Schwierigkeiten des intergenerationellen Zusammenlebens handelt und den Finger in die offenen Wunden einer Gesellschaft legt, in der das Alter zunehmend als Last empfunden wird.

Hier wird mit harten Bandagen gekämpft. Alexander Mitterers Bühne lässt erst keine Zweifel aufkommen: Im Boxring geht es in den Infight. Die Schläge sitzen, die wahren Tiefschläge liefert aber gekonnt Christine Teichmanns Text. Wie Stachel ins Fleisch bohren sich ihre Sätze, tausendmal aufs Neue schmerzhaft. "Du bist nicht meine Tochter" und "Geh Mama!". Shakespeares "King Lear" ist ihr dabei der FLuchtpunkt, spärliche Zitate daraus das Fundament der undankbaren Kinder, die im Dialekt gegen die Unentrinnbarkeit der Familienbande ankämpfen.

Über allen thront Roswitha Soukop als demente Mutter, die ihren Söhnen (Michael Brantner und Alexander Mitterer) ihr Haus vermacht hat, verbunden mit der Bürde, sie zu Lebzeiten zu pflegen. Daran zerbricht nicht nur die Enkelin Alina (Lisa Rohrer), auch die Schwiegertochter Magda (grandios; Tessa Gasser), die märtyrergleich in ihrer Rolle als Frau vieles auf sich nimmt, verliert zusehends die Nerven. Die ehrliche, aber geschasste Tochter Katharina (Christine Teichmann) ist noch der renitente Zündfunke, an dem sich das Familiengebräu zunehmend entzündet. Am Ende hängen sie alle in den Seilen. Die Hölle, das sind die anderen, wusste schon Sartre zu berichten. Und das Happy End, das gibt es nur im Märchen.

Roland Schwarz / Kronen Zeitung

Standing Ovation gab es für die Theater Kaendace Produktion "Queen Lear"; und es gab sie zu Recht.

Wie leicht hätte diese alltägliche Geschichte rund um ein kompliziertes und höchst gestörtes Beziehungsgeflecht innerhalb der Generationen einer Familie in die Banalität abdriften können. Allein, dieser Text (Christine Teichmann) der feinen Beobachtungen und gescheit aufgeblätterten Inhalte unterhält nicht nur ausnahmslos in einer straffen wie einfallsreichen Regie (Alexander Mitterer), die bei aller bei dieser Thematik gebotenen Zurückhaltung doch den einen oder anderen theatralischen Paukenschlag über die Bühne lässt. Sie bewirkt auch so manch nachwirkenden Denkanstoß und/oder Emotionalität, die unter die Haut geht. Es sind dynamische, teilweise recht kurze Szenen, die sich da durchaus stimmig aneinanderreihen und derart ein gleichermaßen individuelles wie allgemeingültiges Familien- und Gesellschaftsbild abgeben.

Alles nicht wirksam, wenn nicht das gesamte Schauspieler-Team, das Seine dazu beiträgt: Allen voran ist die in Graz geborene Roswitha Soukup zu nennen (sie sprang kurzfristig für Klaudia Reichenbacher ein), die als zunehmend alternde Queen schon dann und vor allem auch dann spricht, wenn sie nichts sagt. Am anderen Ende der Altersklasse ist Lisa Rohrer als ebenso frisch-unbekümmerte wie gefestigte Darstellerin anzuführen; und Tessa Gasser, die als Schnoddrig-Ang’rührte, als Magda, also als Mädchen für alle und alles, besonders überzeugt.